Wieso warst du direkt zwei Semester und nicht nur ein Semester im Ausland?
Für mich stand irgendwie von Anfang an fest, dass ich für zwei Semester ins Ausland möchte. Schon bevor ich nach England gereist bin, dachte ich mir nämlich, dass ich nur bei einem längeren Aufenthalt die Sprache und Kultur richtig kennenlernen kann. Und tatsächlich kann ich das im Nachhinein so unterschreiben.
Im ersten Semester habe ich unglaublich viel gelernt, während sich das Gelernte im zweiten Semester erst so richtig gesetzt hat. Hinzu kommt, dass an der University of Hull erstaunlich viele deutschsprachige Erasmus-Studenten ein Auslandssemester verbracht haben. Da ich anfangs vor allem viel Kontakt zu den Erasmus-Studenten hatte und ich sowieso mit einer Freundin aus Deutschland gleichzeitig an der University of Hull war, haben wir im ersten Semester insgesamt noch viel deutsch gesprochen. Erst als die meisten Erasmus-Studenten nach einem Semester wieder nach Hause fuhren, haben wir so richtig viel Kontakt zu unseren englischen Freunden und Mitbewohnern aufgebaut. Dadurch konnte sich das Englische dann erst so richtig setzen.
Außerdem war ich im ersten Semester sehr viel mit meinen Erasmus-Freunden feiern, während ich im zweiten Semester dann extrem viel Zeit zum Reflektieren hatte. Gerade diese Zeit war für mich unheimlich wichtig, um Probleme zu verarbeiten, neue Sichtweisen zu entwickeln und vor allem reifer zu werden (etwas mehr dazu erzähle ich in meinem Blogpost
"Probleme lösen durch Reisen"). Durch das zweite Semester habe ich also erst meine Persönlichkeit entwickeln können.
Das sich alles etwas mehr setzen kann, zeigt sich vor allem an der zeitlichen Komponente. Studenten, die nur für ein Semester ins Ausland gehen, bleiben im Regelfall nur für die reine Studienzeit im Ausland, sodass sie meist nur 3 bis 4 Monate im Ausland sind. Dadurch, dass ich allerdings zwei Semester in England studiert habe, war ich auch für die Semesterferien des ersten Semesters dort. Damit war ich direkt 9 Monate im Ausland. Das zweite Semester bringt dir also nicht einfach nur doppelt so viel Zeit im Ausland, sondern es macht einen deutlichen, zeitlichen Unterschied. Dieses Mehr an Zeit hilft dir dann natürlich dabei, dich besser einzuleben und tiefere Einblicke in das jeweilige Gastland zu bekommen. Oft hast du dich nach einem Semester erst eingelebt und wirst dann aber schon wieder aus deinem Umfeld gerissen.
Als Jurastudentin hieß das Auslandsjahr für mich außerdem, dass ich insgesamt ein Jahr länger studieren muss. Denn aufgrund der Eigenheit der Rechtssysteme konnte ich mir die Kurse im Ausland nicht anrechnen lassen. Das heißt, mein Staatsexamen verschob sich um ein Jahr nach hinten. Das schreckt oftmals einige Studierende ab. Stattdessen wollen sie nur für ein Semester ins Ausland gehen, danach zur gleichen Zeit wie ihre Kommilitonen mit der Examensvorbereitung anfangen, um dann in den Genuss der Freischussverlängerung zu kommen. Allerdings verschiebt sich das Staatsexamen damit genauso um ein halbes Jahr. Außerdem hast du im Ausland genügend Zeit, um bereits Examensstoff zu wiederholen. Plus: Als ich wieder gekommen bin, hatte ich von Mai bis Oktober erstmal frei. Dementsprechend habe ich die Zeit bereits zur Examensvorbereitung genutzt. Damit macht es in der Hinsicht keinen wirklichen Unterschied, ob du ein oder zwei Semester im Ausland verbringst. Doch das Semester mehr wird in sprachlicher und persönlicher Sicht einiges ausmachen. Dabei wirst du unter anderem viel mitnehmen, was dich auch nach dem Studium noch begleitet.